China-Reis(e)bericht
Um die Zeit bis zum nächsten Live-Bericht aus fernen Ländern zu überbrücken, sei an dieser Stelle hingewiesen auf die Reise durch China, die Ende März 2009 das Finale meines Hongkong-Aufenthalts darstellen sollte. Diese wurde von meinem Kommilitonen J. K., in Kritikerkreisen auch scherzhaft J. K. Frühlings-Rowling genannt, literarisch verarbeitet und ist online abrufbar als China-Reis(e)bericht.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen fünf Deutsche, die einen Urlaub meist fernab der touristisch erschlossenen Gebiete Hongkongs und Chinas verbringen, ohne dabei schwere Rucksäcke oder Sandalen zu tragen. Zu den Höhepunkten gehört etwa eine Wohnungsbesichtigung im 57. Stock mit der – nur um der kostenlosen Aussicht Willen – erfundenen Geschichte, man sei eine Internetfirma auf der Suche nach Büroraum.
Der Autor versteht es, den Leser auf eine bunte Reise durch das Reich der Mitte mitzunehmen. Neben der authentischen narrativen Verarbeitung des Erlebten sind es vor allem die wortwitzigen Anspielungen, entstanden teils kollaborativ während der Reise, teils nachträglich durch den Verfasser, die dieses Werk zu einem kurzweiligen Vergnügen machen.
Die Berichterstattung erscheint stellenweise naiv und ohne Kenntnis der lokalen Gegebenheiten, trifft gerade damit aber meist den Geschmack des Lesers.
Mit einer ironischen Distanz, die sich mitunter auf hierzulande unzulässige zwei Fahrradrikscha-Längen zur Realität zu nähern scheint, wird geschickt mit alten und neuen Vorurteilen gespielt, ohne sie zu bedienen. Nicht angemessen bedient zu werden, ist eine weitere Erfahrung unserer fünf Helden, die sie in einem westlichen Restaurant in Hongkong machen, und durch die sie beinahe zurück in – welche Ironie – den Westen abgeschoben werden.
Dass der Autor zur Bekräftigung seiner Pointen zu den Mitteln der Übertreibung („das lapprige Brötchen wäre selbst von Gefangenen in deutschen Gefängnissen unter Hinweis auf die Genfer Konvention verschmäht worden“) und der gezielten Falschinformation („Am Ende des Tages stellten wir noch fest, dass Alex die Stern Shortnews in seiner Arbeit als wissenschaftliche Quelle benutzt hatte“) greift, verzeiht man ihm ob ihrer gelungenen Wirkung gerne.
Unerwähnt bleibt dagegen die während der Reise vielzitierte These „Shanghai ist das neue Hongkong“, möglicherweise da diese, wie sich schlussendlich herausstellte, ursprünglich aus einem Bodybuilding-Forum stammte und sich auf die Beschaffung preiswerter Nahrungsergänzungsprodukte bezog.
Trotzdem: Das Reich der Mitte hat so einiges an schwer lesbaren Werken hervorgebracht. Dieses ist sicherlich eines der besten.